Am 28. Juni hat die SPD Schleswig-Holstein in der Flensburger Theaterschule ihren alle drei Jahre vergebenen Willi-Piecyk-Preis an zwei Projekte aus Flensburg verliehen. Das von Lucie Morin entwickelte digitale Theaterprojekt „Europa, Baby!“ erhielt den Hauptpreis in Höhe von 1.000 Euro. Der mit 500 Euro dotierte zweite Platz ging an die von Luzie Metzdorf entwickelte historisch-kritische Aufarbeitung der Stadtgeschichte Flensburgs am Beispiel des Rumhandels.
Das Theaterprojekt „Europa, Baby!“ richtet sich an junge Europäerinnen und Europäer, die sich über einem mehrmonatigen Zeitraum durch Mittel des Theaters mit ihrer politischen Zukunft auseinandersetzen werden. Kommuniziert wird per Videokonferenz. Insgesamt sollen 20 junge Menschen aus 20 europäischen Ländern teilnehmen. Die Projektleiterin Lucie Morin erklärt dazu: „Mich hat die Erfahrung geprägt, als junge Erasmus-Studentin nach Flensburg zu kommen. Reisen war für viele Jugendliche in Europa durch die Pandemie im letzten Jahr nicht möglich. Ich will deshalb einen Beitrag dazu leisten, dass der Austausch schnell wieder in Gang kommt. Dabei nutze ich die künstlerischen Möglichkeiten des virtuellen Theaterspiels, die wir in der Theaterschule während der Pandemie bereits genutzt und entwickelt haben.“
Das von Luzie Metzdorf entwickelte Projekt setzt sich kritisch mit der Geschichte des kolonialen Rumhandels in Flensburg auseinander. Er hat die Stadt reich gemacht, aber in den ausgebeuteten Kolonien viel Leid ausgelöst. Statt diesen Aspekt der Stadtgeschichte kritisch aufzuarbeiten, wirbt Flensburg mit dem Beinamen der sogenannten „Rumstadt“. Ein weiteres Produkt des Kolonialismus ist struktureller Rassismus, der sich unter anderem bis in die 1990er Jahre in rassistischer und von stereotypen geprägter Werbung örtlicher Rumfirmen wiederfand. Aus den Forschungsergebnissen soll ein Stadtrundgang entwickelt werden.
Der Willi-Piecyk-Preis wird alle drei Jahre durch die SPD Schleswig-Holstein vergeben. Sein Namensgeber Willi Piecyk war von 1992 bis zu einem Tod im Jahr 2008 Europaabgeordneter und von 1991 bis 1999 Landesvorsitzender der SPD Schleswig-Holstein. In diesem Jahr wurden Projekte ausgezeichnet, die sich unter dem europäischen Leitmotto „In Vielfalt geeint“ mit der Gegenwart und der Zukunft Europas auseinandersetzen.